SJD Die Falken

SJD Die Falken

von Kay Schweigmann-Greve

Etwas erstaunt schauten die Weimarer und flanierende Touristen, als sie am Sonntagvormittag den 1. September am Theaterplatz eine bunte Gruppe von Jugendlichen trafen. Viele Blauhemden einige Pfadfinder in Kluft und auch solche ohne, außerdem Vertreter des Bundes der Alevitischen Jugendlichen, von Haschomer Hazair und vereinzelte Wandervögel . Während die zu Zeltlager gehörigen Kinder in den Weimarer Straßen bei einem Stadtspiel unterwegs waren, boten die Jugendlichen Ergebnisse ihres „Goetheschredders“ dar, einer kreativen Schreibwerkstatt, die auf dem Zeltlager stattgefunden hatte. In der vorausgehenden Einleitung wurde das Zeltlager in den historischen Zusammenhang der Treffen der Freideutschen Jugend auf dem Hohen Meißner 1913 und 1963 sowie dem ersten Arbeiterjugendtag 1920 in Weimar gestellt. Abschließend wurde am historischen Ort, zu Füßen Goethes und Schillers, die „Weimarer Erklärung 2013“ verlesen, in der die beteiligten Jugendverbände ihr Bekenntnis zu Demokratie, Toleranz und Pluralismus und ihre Ablehnung von Rassismus und Antisemitismus formulierten.

Bereits seit Freitag hatten wir, Kinder, Jugendliche und Ältere auf dem Gelände des ehemaligen Hufelandklinikums in Weimar unsere Zelte aufgeschlagen. Das Programm war so bunt gemischt, wie die vertretenen Organisationen und Einzelpersonen. Auf diese Weise gab es nicht nur die Möglichkeit persönlicher Begegnungen zwischen Pfadfindern des BDP und des BdP, konservative Wandervögel konnten die veganen Speisen der anarchistischen „Volxküche“ aus Hannover genießen, Deutschlehrer mit jungenschaftlicher Vita die Bearbeitung goethischer Texte bei den Falken beobachten und ein „Pfad der Sinne“ (KI) konnte nach engagierter Diskussion die Gemüter beruhigen – allen Teilnehmern gemeinsam war das große Interesse aneinander und die Offenheit für die Gruppen- und Verbandskultur, die die je anderen mitbrachten. Eine schöne Bereicherung waren die Informationen zum Nahen Osten, zu Marokko und Ägypten durch die „Pfadfinder ohne Kluft und Hirarchien“ (BDP) während der langjährige Kontakt der Falken nach Israel diesmal nur in dem ein oder anderen Lied und in persönlichen Gesprächen mit der Vertreterin von Haschomer Hazair Deutschland, Yael Michail, zu hören war. Die Teilnahme des erst vor einigen Monaten überhaupt in Deutschland nach 73 Jahren im vergangenen Herbst wiedergegründeten jüdischen Jugendbundes war eine besondere Freude. Auch für den Bund der Alevitischen Jugendlichen war die Teilnahme an so einem Lager Neuland, dennoch trugen sie bereits mit einer eigenen AG über die Verfolgung der Aleviten (eine am Rande des Islam stehende kulturelle und religiöse Gemeinschaft) in der Türkei zum Programm bei. Von den Falken aus Hannover kam eine AG über das Leben in Griechenland unter dem Regiment der Troika mit lebhaften Diskussionen über Euro, Europa und die Selbstorganisation in der Not der griechischen Bevölkerung. Referent mit griechischen Wurzeln und akademischer Arbeit zu diesem Thema war Gregor Kritisis. Neben Singerunden am Lagerfeuer, einer „Märchenjurte“ mit Erzählungen aus Europa und dem Orient (bestritten von Robert Schönig und Christian Kirchhoff) – bot Lampi als pensionierter Waldorflehrer und Mitbegründer der „Fahrtengemeinschaft Artaban“ für die Kinder u.a. Plastizieren mit Ton an. Andere konnten beim Amateurfunken mit Nils vom Pfadfinderbund Boreas Ziele in aller Welt anpeilen. Während die Freunde aus Marokko über die Bedeutung der Gewerkschaften für den Demokratisierungsprozess berichteten und die Neuköllner Falken „Arbeiterlieder und politische Lieder“ lernten und besprachen besuchte eine Gruppe mit Hans Heintze das KZ Buchenwald. Andere übten mit den Braunschweiger Falken jonglieren oder das Auftreten mit Feuerpois. Am Samstagnachmittag besuchte Oberbürgermeister Wolf das Lager und „outete“ sich als alter Pfadfinder (VCP). Danach wurde das Ergebnis des Theaterworkshops der Jugendburg Ludwigstein präsentiert, zu dieser Gruppe gehörten auch Jugendliche, die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus dem Sudan stammten. Leider mussten einige aus dieser Gruppe zuhause in Hessen bleiben, da Flüchtlinge sich in Deutschland nicht ohne Erlaubnis frei bewegen und ihr Bundesland verlassen dürfen. Die Ausländerbehörde verweigerte ihnen die Teilnahme. Etwas kontrovers verlief – notwendigerweise – die Diskussion um die Weimarer Erklärung, in der zumindest die vertretenen Organisationen SJD Die Falken, Bund Deutscher Pfadfinder (Main-Taunus-Kreis und „Wilde Rose“), die Kulturinitiative „Lebendig Leben“ und die Bildungsstätte der Jugendburg Ludwigstein einen gemeinsamen Nenner suchten. Auch die Einzelpersonen aus dem BdP, dem PB Weltenbummler, dem Pfadfinderbund Boreas und alten WVDBer kamen zu Wort.

Nach diesem gelungenen Treffen wollen die Beteiligten ihre Zusammenarbeit fortsetzen und die Kinder und Jugendlichen freuen sich auf ein Wiedersehen, vielleicht auf der Steimke bei der KI oder sogar in Weimar im kommenden Jahr.

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